Bestätigt die Diagnose den Verdacht auf eine venöse Thromboembolie, startet sofort die Therapie mit gerinnungshemmenden Medikamenten. Diese Medikamente werden allgemein als Antikoagulanzien bezeichnet. Die Therapie heißt entsprechend Antikoagulation. In den allermeisten Fällen kann diese Therapie ambulant durchgeführt werden. Die Patientin oder der Patient muss nur bei sehr schwerer Thrombose, hohem Blutungsrisiko oder schweren Grunderkrankungen stationär im Krankenhaus behandelt werden.
Antikoagulation – Therapie mit gerinnungshemmenden Medikamenten
Antikoagulanzien führen nicht auf direktem Weg zur Auflösung des Thrombus, sondern sie regen Prozesse zur körpereigenen Auflösung des Blutgerinnsels an und stoppen bzw. verhindern ihr Wachstum.
Die Antikoagulation besteht aus 3 Phasen: Initialtherapie (meist 5 bis 21 Tage), Erhaltungstherapie (mindestens 3 Monate), Sekundärprophylaxe (ggf. zeitlich unbefristet). Die Erhaltungstherapie ist notwendig, um zu verhindern, dass es nach kurzer Zeit wieder zu einer Thrombose kommt. Man bezeichnet das Wiederauftreten einer Erkrankung allgemein als Rezidiv. Nach einer venösen Thromboembolie bleibt das Risiko für eine erneute Thrombose ein Leben lang bestehen. Abhängig von der Situation der Patientin bzw. des Patienten kann daher eine langfristige Einnahme gerinnungshemmender Medikamente sinnvoll sein.
Für die Therapie stehen verschiedene Präparate unterschiedlicher Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Es gibt orale Antikoagulanzien, also Medikamente, die in Tablettenform eingenommen werden, und Medikamente, die unter die Haut gespritzt werden (parenterale Antikoagulanzien). Die Wahl der Medikamente richtet sich nach den individuellen Voraussetzungen der Patientin bzw. des Patienten. So muss geprüft werden, ob bestimmte Antikoagulanzien aufgrund bestehender Erkrankungen ausgeschlossen sind oder in Kombination mit anderen erforderlichen Medikamenten nicht gegeben werden dürfen (Kontraindikation). Außerdem wird immer das Risiko möglicher Nebenwirkungen, insbesondere das erhöhte Blutungsrisiko, berücksichtigt.
Der Verlauf der Therapie und die Verträglichkeit der Medikamente werden regelmäßig überprüft. Eine erste Kontrolluntersuchung erfolgt innerhalb der ersten 3 Wochen. Nach 3 bis 6 Monaten wird anhand aktueller Untersuchungsergebnisse entschieden, ob und wie die Therapie fortgesetzt wird.
Alle Gerinnungshemmer können die Blutungsneigung begünstigen. Das ist z. B. im Fall von Verletzungen und bei bestimmten Vorerkrankungen mit Risiken verbunden. Sind operative Eingriffe geplant, wird dies bei der Thrombosetherapie berücksichtigt.
Orale Antikoagulanzien
Bei den oralen Antikoagulanzien gibt es zwei Substanzklassen: Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und direkte orale Antikoagulanzien (DOAK).
DOAK gelten derzeit für die Behandlung venöser Thromboembolien als Mittel der Wahl (1). Die Wirkstoffe greifen gezielt in die Gerinnungskaskade ein, indem sie bestimmte Gerinnungsfaktoren hemmen. Auf dem Markt sind derzeit direkte Faktor-Xa-Hemmer sowie Thrombinhemmer. Dank des direkten Eingriffs der Medikamente kann der Vorgang der Blutgerinnung schnell beeinflusst werden. Das trägt entscheidend zur Sicherheit der Therapie bei. In der Regel sind im Verlauf der Behandlung keine routinemäßigen Bluttests zur Bestimmung der Blutgerinnung und auch keine Dosierungsanpassungen notwendig. Zudem bauen sich DOAK schnell wieder im Blut ab. D. h., nach Absetzen des Präparats normalisiert sich die Gerinnung relativ schnell, was z. B. im Falle von Verletzungen oder plötzlich notwendigen operativen Eingriffen wichtig ist.
Vitamin-K-Antagonisten (VKA) sind Gegenspieler von Vitamin K. Vitamin K wird für die Bildung von bestimmten Gerinnungsfaktoren benötigt. Durch die Einnahme von Vitamin-K-Antagonisten wird die Produktion dieser Gerinnungsfaktoren verhindert, die Blutgerinnung also indirekt gehemmt. Diese Wirkung setzt allerdings verzögert ein. Daher werden VKA zu Beginn der Behandlung überlappend mit parenteralen Antikoagulanzien gegeben, bis die Blutgerinnung gut eingestellt ist. Dies wird mittels Bluttests (Bestimmung des INR-Wertes) kontrolliert. Diese Tests müssen auch im weiteren Verlauf der Behandlung regelmäßig durchgeführt werden, um die Gerinnungsfähigkeit des Blutes zu überprüfen und die Dosierung individuell anzupassen. Denn VKA unterliegen leicht Wirkungsschwankungen. Sie können auftreten, wenn gleichzeitig andere Arzneimittel eingenommen werden müssen. Aber auch Vitamin-K-reiche Nahrungsmittel (z. B. Spinat, Kohl) haben Einfluss auf die Wirksamkeit. Die Überwachung und Kontrolle der Therapie sind daher elementar. Außerdem ist zu beachten, dass der Körper relativ lange braucht, um VKA abzubauen. D. h., nach Absetzen des Präparats hält die Wirkung noch mehrere Tage an. Sollten während der Behandlung Blutungen auftreten, reicht daher u. U. der sofortige Therapieabbruch nicht aus und die Patientin bzw. der Patient muss ein Gegenmittel bekommen.
Thrombosebehandlung per Spritze (parenterale Therapie)
Niedermolekulare Heparine (NMH) und Fondaparinux galten lange als Standardtherapie von Venenthrombosen. Die Wirkstoffe hemmen indirekt einen speziellen Gerinnungsfaktor (Faktor Xa) im Blut. Da die Wirkstoffe nicht über den Darm aufgenommen werden können, spritzt man sie unter die Haut. Dank Fertigspritzen können Patientinnen und Patienten dies selbst zu Hause durchführen. In der langjährigen Beobachtung wird die Thrombosetherapie mit parenteralen Antikoagulanzien als sicher und wirksam bewertet. Dosisanpassungen sind meistens nicht notwendig.
Fazit: NMH/Fondaparinux und DOAK haben ein vergleichbar gutes Nutzen-Risiko-Profil. Aktuell gibt man häufig DOAK den Vorzug. Die Einnahme von Tabletten ist für die Patientinnen und Patienten meist deutlich angenehmer als die Anwendung von Spritzen. Das hat zur Folge, dass die Therapie mit DOAK vergleichsweise weniger oft abgebrochen wird. Eine gute Therapietreue ist wichtig, um das Risiko für eine erneute Thrombose zu senken.
Zwei DOAK können bereits bei der Initialtherapie zum Einsatz kommen. Die Anfangsdosis wird dann während der Erhaltungstherapie reduziert. Ansonsten besteht die Möglichkeit, mit einer parenteralen Therapie zu beginnen und anschließend auf eine orale Therapie umzustellen.
Thrombosetherapie für Krebspatientinnen und -patienten
Ist die Venenthrombose durch eine Krebserkrankung bedingt, so wird bei der Wahl der gerinnungshemmenden Medikamente sehr genau berücksichtigt, um welche Art von Krebs es sich handelt, wie stark sich der Tumor ausgebreitet hat und wie der allgemeine Gesundheitszustand der Patientin bzw. des Patienten ist.
Dazu muss man wissen, dass eine Krebserkrankung nicht nur das Thromboserisiko erhöht, sondern auch eine Blutungsneigung verursachen kann. Die Blutungsneigung kann durch den Tumor selbst ausgelöst sein, wenn dieser die Gefäße schädigt. Dies ist z. B. bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich, Lungen-, Magen- und Darmkrebs gefürchtet. Häufiger hängt das erhöhte Blutungsrisiko jedoch mit der Krebstherapie (Chemotherapie, Bestrahlung) zusammen. Als Folge der Therapie kann die Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten) herabgesetzt und damit die Blutgerinnung gestört sein. Man bezeichnet dies als Thrombozytopenie.
Jede medikamentöse Thrombosetherapie verstärkt die Blutungsneigung. Die Therapie kann damit zum Balanceakt zwischen Thromboserisiko und Blutungsrisiko werden. Die Ärztin oder der Arzt werden sehr genau den Nutzen der Thrombosebehandlung und -vorbeugung gegen das Risiko möglicher Blutungen abwägen und individuell entscheiden, welche Antikoagulanzien wann und wie lange gegeben werden. Der Wille der Patientin bzw. des Patienten spielen dabei selbstverständlich auch eine Rolle.
Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte empfehlen die Behandlungsleitlinien zu Beginn und in den anschließenden 3 bis 6 Monaten eine Therapie mit direkten Faktor-Xa-Hemmern oder niedermolekularem Heparin (1). Im Anschluss daran sollten Nutzen und Risiko der Therapie erneut geprüft werden. Die Therapie sollte dann entsprechend fortgeführt oder angepasst werden.
Kompressionstherapie
Die Kompressionstherapie mit Kompressionsverbänden oder speziellen Kompressionsstrümpfen hilft in der akuten Phase einer Thrombose der tiefen Beinvenen gegen die Spannungsschmerzen und Schwellungen im betroffenen Bein. Sie erfolgt begleitend zur medikamentösen Behandlung mit Gerinnungshemmern. Die Kompressionsstrümpfe üben von außen Druck auf die Venen aus und unterstützen dadurch den Blutfluss. Auf diese Weise werden Beschwerden, die durch den Blutstau entstehen, gelindert. Langfristig kann die Kompressionstherapie das Risiko für ein postthrombotisches Syndrom reduzieren. Kompressionsstrümpfe gibt es in verschiedenen Stärkeklassen. Sie müssen individuell an den Beinumfang der Patientin bzw. des Patienten angepasst werden.